Seit vielen Jahren sind wir mit der Bloggerin Nicole Pascow auf unterschiedliche Weise in Kontakt. In diesem Jahr traf sie sich nach dem Besuch eines Darshans zu einem persönlichen Gespräch mit OM und berichtet hier über ihre Erfahrung der Annäherung an den Meister der stillen Tradition. Sie stellt sich u.a. die Frage, warum diese Begegnung ihrerseits immer wieder verschoben wurde und nimmt die Spur auf, dass es – neben der Anziehung zu einem Weisheitslehrer – auch Gegenkräfte in ihr gibt. Diese ehrliche Schau ist wertvoll und interessant zu lesen, obwohl auch gesagt werden muss, dass ihre Betrachtung noch einige Antworten offen lässt, die ja folgen könnten. Wir veröffentlichen ihren Artikel aus dieser langjährigen Verbundenheit heraus und ihrem Interesse an dem Wirken von OM, der Stiftung, der Gemeinschaft.
© 2022, Nicole Paskow
OM C. Parkins spricht oft davon, dass sich wenige in die Nähe eines verwirklichten Lehrers trauen. Es wäre leichter in seinem Kämmerlein zu sitzen, Videos von Darshans anzusehen und sich in der Scheinsicherheit der eigenen vier Wände zu wiegen. So kann einem nichts wirklich nahe kommen. So muss das Gehörte im mentalen Raum verbleiben, weil es uns nie bis ins Mark berühren kann. Dafür fehlen einfach viel zu entscheidende Daseinsebenen, um nicht nur zu verstehen, sondern auch zu erfahren. Und Erfahrung setzt sich eben aus allen Wahrnehmungsmöglichkeiten zusammen.
Die Intensität, die bei einer solchen Begegnung stattfinden kann, ist für viele zu intensiv, um sie tatsächlich machen zu wollen. Je nachdem, was sie in dem Lehrer sehen.
Je mehr Angst vor ihm herrscht, um so weniger wird jemand zu ihm kommen. Warum herrscht eigentlich Angst? Weil jemand die Macht behalten will. Das habe ich im Darshan, der im November 2022 mit OM auf Gut Saunstorf stattfand, ganz neu erkennen dürfen. „Angst ist nur dort, wo jemand die Macht behalten will.“ Was für ein Satz! Klar. Eindeutig. Wahr. Wie eine Bombe.
Das schlägt ein. Durch die zündende Wahrheit, die darin liegt. Nur wenn ich die Macht und damit die Kontrolle über die Situation behalten will, habe ich Angst davor in eine Situation zu geraten, wo sie mir entzogen werden könnte. Ja, auf einer sehr menschlichen (und damit meinen wir oft eine ganz normal Ich-hafte) Ebene ist das auch eine ganz natürliche Angst. Aber auf einer bestimmten Bewusstseinsebene kann gesehen werden, dass es so ist: Weil ich die Kontrolle über die Situation und damit über mich behalten will, habe ich Angst.
Nun kann es mir wieder und wieder auffallen, wie es passiert, und das ist schon der Weg der Loslösung. Bis es völlig klar ist (gesehen ist) und nicht mehr auftaucht, weil kein angstgebundener Rest mehr im Ungesehenen verbleibt … Ich erkenne die Haltlosigkeit, die immer ist, in der ich immer schon bin, die mich immer schon trägt, egal, wo und mit wem und womit ich bin …
Ich war also bei OM. Ein echtes Gespräch mit ihm. Ich habe mich jahrelang unbewusst gedrückt. Und weiß deshalb gar nicht genau wovor. Doch es hatte mit Sicherheit etwas zu tun mit der Scheu vor einer gewissen Konzentration. Zu OM geht man, wenn man ein klares Anliegen hat oder klar ist. So war die innere (hemmende) Überzeugung.
Dennoch wusste ich auch immer, dass ich nicht an ihm vorbeikomme. Um ihm nicht zu begegnen, sehe ich viel zu gut, was er spricht. Da ist einfach zu viel Resonanz in mir. Und er ist (für mich) ein absoluter Meister des Sehens. Keiner sieht so gut wie er, wie das Denken operiert. Er ist der Ober-Profiler, wenn es darum geht, den Schatten des Sehens (wenn es einen hätte) zu entlarven: den denkenden Geist. Jenen, der sich aufspielt, als wüsste er alles. Dabei weiß er nur etwas und sieht nichts. Das denkende Wissen funktioniert nur in seiner eigenen Blase. Das Sehen aber weiß um sich selbst und braucht nicht zu denken. Es ist frei von Logik, Kontinuität und Kausalität, die nur systemisch und nicht kosmisch und somit auch nicht extraterrestrisch funktionieren. So, wie das Sehen eben.
Deshalb ist Sehen mein höchstes Interesse. Und daher wollte ich von OM wissen:
„Gibt es ein Ende des Sehens?“
Ganz am Grunde ist das die Frage nach dem Ankommen. Gibt es ein endgültiges Ankommen, ein Ende des Sehens und Sehnens nach sich selbst? Hat das Universum ein Ende? Gibt es ein Ende der Entdeckung dessen, was ich bin? Ist irgendwann alles gesehen?
OM: „Es gibt nur ein endloses Ende.“
Ahhhh. Alles in mir legt sich, in einem winzigen Augenblick, nieder.
Ein Ende, das nie aufhört, ist ein immerwährendes Erlöstsein. „Wenn ‚zu Sehen‘ schon das höchste Glück ist (und das ist es ab einem gewissen Moment), dann ist ‚ein endloses Ende‘ die Erlösung. Selbst vom Glück.
Wieso ist das so?
Was ist denn Sehen? Sehen stellt sich ein, wenn das Denken ausgedacht hat. Und das hat es in dem Moment, wo es sich selbst auf die Schliche gekommen ist. Und das geht nur, wenn es (das Denken) gesehen wird. Wenn mir also nicht nur klar ist, dass ich denke, sondern auch klar ist, dass ICH denke. In dem Moment, sehe ich das Denken selbst. Und bin nicht mehr damit verklebt. Egal, was ich denke. Dann erkenne ich MICH und das Denken als Denken. Ich sehe, dass Denken in MIR stattfindet. Jetzt hat es nichts mehr mit MIR zu tun. Und ich betrachte MICH und sehe ohne das Hindernis des Denkens.
Das heißt, ich sehe ALLES. Und da ich ALLES sehe, bin ich gleichzeitig unteilbar geworden. Was ich nicht geworden bin, denn ich war es schon immer, doch das sehe ich erst jetzt, wo ich ALLES bewusst sehe. Was nicht stimmt, denn ich war schon immer bewusst. Ich hatte es nur nicht gesehen! Das alles dominierende Denken stand mir im Weg.
ICH BIN unteilbar, weil ICH alles sehe. Um alles zu sehen, muss alles Gesehene bis zur kleinst möglichen ICH-Einheit von mir ab-gesehen worden sein. So weit, bis ich als Sehendes nicht mehr teilbar und somit nicht mehr reduzierbar bin. Das ist die via negativa, von der OM auch oft spricht. Der Weg der Entleerung des Geistes. Ich bin alles nicht … In dieser letztmöglichen Reduktion, in der sogar ICH BIN als das Sehende verschwindet, erkenne ich mich selbst als das Vor-Sehen. Und das ist das Ende und gleichzeitig der ewige Ursprung des Erkennens meiner Selbst.
Es braucht einfach diese Trennung zwischen dem Sehenden, dem Sehen und dem Gesehenen damit überhaupt etwas gesehen werden kann. Doch wenn wir genauer hinsehen, ist ebenso! erkennbar, dass diese Trennung nur scheinbar sein kann. Nur so als ob, damit etwas sichtbar wird, was sonst nicht wahrgenommen werden würde. Denn es geht um Wahrnehmung. Es geht darum, zu sehen.
Es geht um das Sehen dessen, dass es – in Wirklichkeit – nichts zu sehen gibt. Da der Ort, wo das Sehen selbst herkommt, uneinsehbar ist. Und damit auf ewig für das Auge unerreichbar. Ich werde für mich selbst niemals sichtbar sein.
OM: „Es gibt nur ein endloses Ende.“
Ja, es ist erlösend, wenn das Sehende eindeutig sieht, dass es sich selbst niemals sehen wird. Wenn es ein-sieht, wie unmöglich es ist, seinen eigenen Rücken sehen zu wollen. Die Erlösung ist wie Ausruhen vom ewigen Sehen. Ausatmen, still sein, alle Lider schließen, ganz in sich ruhen. Ganz EINS, ganz allein. Im ewigen Nichtsehen. Im ewigen nichtwissenden, nichtsehenden Selbstwissen. Unendlich geborgen. Ewig bei sich. Für sich. In sich. Mit sich. Und das völlig OHNE sich.
Ein endloses Ende …
Das wieder einatmet …
Und sich selbst als Gesehenes sieht.
Weiterführende Literatur
- Intelligenz des Erwachens – Die spirituelle Neugeburt des Menschen
- Spirituelle Meisterschaft – Lehrer und Schüler auf dem inneren Weg
Vielen Dank für die wundervollen Worte.
Liebe ist alles,
alles ist Liebe