Einfach sein?

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Einfach sein?

Ich befinde mich in einem Traum, in dem ich hektisch und ohne ein klares Ziel vor Augen umherirre. Ich bringe mein Umfeld durcheinander, mische mich überall ein und behindere Abläufe. Ich nehme alles ohne Unterscheidungskraft wichtig. Eine Weggefährtin kommt auf mich zu, nimmt meine Hand, schiebt mich in einen Raum und sagt: „Darum geht es!“.

In dem Raum steht ein Mann. Nach meinem Geschmack ist er etwas zu einfach. Er ist groß, hager und markant. Er sagt nichts und ich weiß nicht, was ich hier soll. Ich bin verwirrt, fühle mich unsicher und beginne, mir zu überlegen, was mich alles stört und was ich ändern würde. „Darum geht es!“ taucht wieder auf. Meine Gedanken purzeln umher. Das ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Ein Gefühl von Enttäuschung macht sich breit und ich wache auf.

Verwirrt stehe ich auf, gehe ins Bad und mache mich für die Morgenmeditation fertig. Was hat dieser Traum zu bedeuten?

Begleitet von Traumfetzen und einem emotionalen Unwohlsein sinke ich anschließend in die Stille. Und dort, in mir, wird mir bewusst, dass dieser Mann die Liebe repräsentiert. Er, die Liebe, war so einfach, ohne Besonderheit und Bedeutung. Unruhe macht sich in mir breit. Aber die Liebe ist doch bunt, aufregend und prickelnd! Ich atme tief ein und aus, entspanne und sinke wieder ab.

Wenn die Liebe einfach da ist, ohne Schnörkel, Aufregung und Forderungen, müsste ich nichts mehr tun, nichts mehr wissen, nichts mehr wollen, nichts mehr kreieren oder initiieren. Ich wäre einfach nur da. Ich wäre einfach da. Ich wäre einfach im SEIN. „Darum geht es!“ zeigt sich wieder und ich sehe die Verbindung zur Tugend der Nüchternheit.

Der Meister, OM C. Parkin, beschreibt es so: „Wenn die Emotionen abgekühlt sind, steht dir aus der Nüchternheit eine, vielleicht bisher dir unbekannte, sehr feine Schwingung eines Gefühls zur Verfügung. Es ist eher eine stille Freude des Seins, die aus der Emotionslosigkeit entsteht. Das ist ananda. Emotionen sind zu grobstofflich, sie überdecken die stille Freude, die aus einem Zustand von no-mind, aus der Meditation entsteht. Es ist nicht die Freude über etwas, es ist die stille Freude aus dem SEIN selbst, aus der Erkenntnis dieses unbeschreiblichen SEINS. Und dieses unbeschreibliche SEIN, deine wahre Natur, die immer unverändert ist, unberührt von den Wogen der Oberfläche, die Realisation dieses SEINS ist Freude an sich. Es bedarf keine äußere Stimulation mehr, weil das SEIN selbst dir die Freude schenkt, die du woanders suchtest. Lass dich nur darauf ein, und du brauchst nichts anderes.“ (Auszug aus dem Buch „Unerfüllte Liebe – Der Sog in die Scheinwirklichkeit“)

Deutlich erkenne ich, dass Einfachheit nicht viel braucht und die daraus resultierende Klarheit entspannt mein komplettes System. Ich atme befreit tief ein und aus. Wenn ich mich für einfaches Dasein entscheide, dann brauche ich mich nicht mehr zu vergleichen, zu verbessern oder es anders haben zu wollen. Ich kann entscheiden, einfach da zu sein. Ich kann mich einfach entscheiden. Ein weiterer tiefer Atemzug folgt. Mein Herzraum öffnet sich. Einfach da sein bedeutet ich bin nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Ich bin nicht in Gedanken. Ich bin gegenwärtig und erkenne die Realität des Augenblicks. Ich stehe da und schaue. Ich bin mit allem, was ist. Meine Stirn glättet sich, ich entspanne weiter.

OM sagt: „Du musst dich selbst vollkommen kennen, sonst bist du unfrei – immer. Die Maschine will weiterlaufen, aber du musst bereit sein, einen Moment anzuhalten. Anhalten – und schauen. Sehr direkt. Mit dem inneren Auge der Bewusstheit schaust du in das hinein, was IST. Denn alles, was IST, ist jetzt. Wenn du nicht anhältst, kannst du nicht erkennen, was jetzt ist.“ (Auszug aus dem Buch „Intelligenz des Erwachens“)

Wenn ich anhalte und in jeden Moment neu schaue, was wirklich gebraucht wird, dann kann ich komplizierte Gedankenkonstrukte lassen. Es gibt dann keine mentalen Verstrickungen und Kontrollvorstellungen mehr. Ich atme ein weiteres Mal tief ein und aus und erkenne, dass ich dann nichts mehr in der Hand habe. Dieser Gedanke vermittelte mir das Gefühl von Haltlosigkeit. Ich atme und schaue JETZT. Ich spüre ganz real, wie ich falle und sich energetische Lasten von meinen Schultern lösen. Es wird weit in mir.

Mit dem inneren Auge sehe ich, dass ich Liebe bin, wenn ich einfach da bin. Mir wird bewusst, dass ich nicht auf dieser Welt bin, um geliebt zu werden, sondern um Liebe zu sein. Es geht nicht darum, der Liebe hinterherzulaufen, sie zu verzieren, groß oder klein zu machen, Erwartungen und Bedingungen zu haben oder etwas für sie tun.

Der Meister sagt: „Zur Liebe kannst du keine Beziehung haben. Liebe kannst du nur sein.“

Es zimbelt und ich öffne berührt von diesen Erkenntnissen meine Augen. Ich fühle mich verbunden und sehe die Einfachheit und die damit verbundene Schönheit in allem.

Einfach sein bedeutet, ich kann alles sein. Ich bin Liebe, ich bin Kraft, ich bin Ungeduld, ich bin unerfüllt. Ich bin, was ich bin, im Moment. Was passiert, wenn ich, das, was ich in diesen Moment bin, mit keinem Gedanken antaste? Wenn ich es nicht beschuldige, beschwere oder in den Himmel hebe? Dann ist das, was ich bin, einfach da. Es ist nicht falsch, richtig, gut oder böse. Es ist, was es ist. Ganz einfach.

Ich fühle, dass einfach sein, auch heißt: ich lasse es einfach sein. Ich lasse es, mich einzumischen, alles verstehen zu wollen, in eine Wertetabelle zu pressen oder etwas Eigenes daraus zu machen. Ich unterlasse es, mir die Kraft der Liebe zu eigen zu machen und sie zu benutzen. Ich tue schlicht das, was zu tun ist und lasse das, was zu lassen ist. Ganz einfach.

Mir wird bewusst, dass einfaches nüchternes Dasein, unpersönlich und unabhängig von Umständen und Menschen ist.

Ich bin in Stimmung eine Karte (aus dem Set „Wenn Stille spricht“) zu ziehen und lese:

„Wer bist du?
Bist du bereit, für einen Moment
die Erfahrung zu machen,
einfach zu sein?
Ohne Anstrengung.
Ohne festzuhalten,
ohne loszulassen.
Das zu sein, was du bist,
ohne zu wissen wie?“

Ja, ich bin!

Susanne


Weiterführende Literatur

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