Born to be – Sein oder Nicht-Sein

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Born to be – Sein oder Nicht-Sein

Der Leitsatz Born to be begleitet das Feld um OM C. Parkin seit vielen Jahren und hat ja auch diesem Blog seinen Namen geschenkt. In ihrer Einfachheit und Direktheit berührt diese Aussage das Herz und wirft dann in der vertieften Widmung einige Fragen auf. Geboren um zu sein. Gibt es eine andere Möglichkeit als zu sein? Gibt es ein Nicht–Sein in Ersatzwelten? Und welche Konsequenzen hat dieser Seins-Verlust für die Menschen, für den Menschen auf einem inneren Weg, für dich? In dem Online-Format „Meditation und Innere Wissenschaft“ am 26. Februar 2021 führte Luna U. Müller ein Gespräch mit OM über die tiefere Bedeutung von Born to be. Die Dialoge, die sich daraus ergeben haben, führen den Zuhörer an die Grenzen des Verstandes, an die Grenzen dessen, was wir kennen, begreifen, erfassen können. Wir haben uns deshalb entschieden, einen Ausschnitt aus diesem Gespräch hier zu veröffentlichen und dich einzuladen, tiefer zu fallen, zu hören und in dir selbst zu erforschen.

Das Interview bezieht sich auf eine Frage an OM „Was ist Born to be?“, die er zu einem früheren Zeitpunkt so beantwortet hatte: „Kein gewöhnlicher Mensch kennt das Sein, oder weiß, was Sein ist. Dieser Seinsverlust ist die Ursünde, das Urtrauma des Menschen. Alle suchen danach. Die allermeisten jedoch am falschen Ort, in Ersatzwelten. Dieses Sein wiederzuerkennen, das ist das Geburtsrecht des Menschen. Das bedeutet Born to be.“

Wer das ganze Gespräch hören möchte, findet es hier:

om-science.com/meditation-innere-wissenschaft-thema-born-to-be

Frage: Deine Aussage, dass kein gewöhnlicher Mensch das Sein kennt, wirft Fragen auf. Ein gewöhnlicher Mensch würde ja wahrscheinlich sagen: ja klar, ich bin, ich bin ja da. Was ist damit genau gemeint? Wo ist dann ein gewöhnlicher Mensch?

OM: Ein gewöhnlicher Mensch ist in Gedanken über das Sein. Der Seins-Verlust ist tatsächlich das einzige Trauma des Menschen. Der Mensch weiß nicht, dass er ist.

Frage: Heißt das, er denkt zu sein?

OM: Zunächst weiß er nicht, dass er ist und dann denkt er, er weiß, dass er ist. Aber in Wirklichkeit denkt er nur, dass er ist. Aber er IST nicht.

Frage: Du nennst das Urtrauma und Du sprichst ja auch von der Ursünde. Diese beiden Begriffe hätten jetzt für mich einen etwas unterschiedlichen Geschmack.

OM: Nein, das Urtrauma oder der Begriff des Traumas ist einfach nur ein modernerer Begriff für den Begriff der Sünde. Er bedeutet genau das Gleiche.

Frage: Ich trenne mich vom Sein?

OM: In diesem Begriff des Traumas genauso wie in dem Begriff der Sünde ist der Geschmack des Leidens des Menschen und das gesamte Leid des Menschen zusammengefasst: dass er nicht weiß, dass er IST. Er weiß es nur sehr begrenzt. Er weiß es nicht, weil seine Aufmerksamkeit auf Dinge gerichtet ist. Dinge wie Gedanken, Dinge wie Gefühle, Dinge wie Bilder, materielle Dinge. All das sind Dinge, Objekte seines Seins und von diesen Objekten ist das Bewusstsein eines jeden Menschen im Grunde absorbiert. Deswegen weiß er nicht, dass er ist. Wenn du weißt, dass du bist, ist alles erfüllt und es gibt nichts mehr zu tun. Es ist im Grunde auch alles gesagt, alles getan. Das ist das Ende des Wissens.

Frage: Das Ende der Suche nach Wissen?

OM: Es gibt keinen Impuls mehr, irgendwo hin zu müssen, weder körperlich noch geistig, um irgendetwas Bestimmtes zu erfahren oder zu erreichen. Alles ist in sich selbst bereits erfüllt. Das ist das Sein selbst. Es braucht keine besondere Erfahrung, die fehlt. Es können Erfahrungen gemacht werden, es werden ja auch Erfahrungen gemacht. Solange dieser Körper existiert, werden Erfahrungen gemacht, auch in diesem Augenblick. Aber es ist nicht notwendig, sie zu machen. Es geschieht einfach.

Frage: Diese Ersatzwelten, von denen Du sprichst, die scheinen ja eine große Attraktivität zu haben. Weil wir weg wollen von diesem Ort des Urtraumas?

OM: Die am meisten verflachte Ebene des Seins-Verlustes besteht ja darin, dass sich Menschen heutzutage als sogenannte Konsumenten verstehen. Man muss schon ziemlich naiv sein, um eine Identität als Konsument zu haben. Nun gibt es ja Menschen des inneren Weges, die vermeintlich der Auffassung sind, sie hätten den Weg des Konsumenten verlassen. Aber das haben sie gar nicht unbedingt. Weißt du, äußere Menschen konsumieren vielleicht Dinge im äußeren Leben und suchen dort nach Erfahrungen. Aber es gibt auch auf dem spirituellen Weg immer noch sehr viele Konsumenten. Sie konsumieren innere Erfahrungen. Es ist nur eine Sublimierung dieser Haben-Kultur des Menschen, in der der Mensch tatsächlich ein Verbraucher ist. Ein Verbraucher von Eindrücken. Verbraucher brauchen ja auch ständig etwas. Sie verbrauchen und sie brauchen ständig etwas. Warum brauchen sie etwas? Sie brauchen ständig etwas, weil sie nicht wissen, dass sie sind. Und weil das Seins-Loch, das Urtrauma des Menschen, durch ihr Ersatzleben ständig gefüllt werden muss. Dieses Loch des Verbrauchers ist schwer zu füllen.

Frage: Geht es darum, in Kontakt zu kommen mit diesem Verlust, dass mir scheinbar erst einmal etwas fehl, und eben nicht den Weg zu gehen, dieses Loch zu füllen? Also eigentlich das, was Du auch bewusstes Leiden nennst?

OM: Jeder gewöhnliche Mensch führt ja ein Ersatzleben oder mehrere Ersatzleben. Ersatzleben dienen dazu, die Haben-Löcher zu füllen, aber letztlich das Seins-Loch, den Verlust des Seins. Solange wir diese kompensierten Leben führen, sind wir uns dieser Löcher nicht wirklich bewusst. Und es ist Teil eines Erweckungsweges des inneren Menschen, dass er diese Löcher realisiert und in Anwesenheit der Löcher lebt. Das ist das Konzept des bewussten Leidens. Ein Loch kann aus der Haben-Kultur in die Seins-Kultur führen, in die bewusste Anwesenheit eines Loches. Ohne bewusste Anwesenheit eines Loches, warum sollte ein Mensch aus der Haben-Kultur aufwachen, wenn er vom Sein nichts weiß? Er wird weiterhin versuchen, sich in diesen Zirkeln, in diesen Kreisen zu bewegen und seine Hoffnung besteht darin, dort Erfüllung zu finden.

Frage: Wir hatten neulich ein Gespräch unter Weggefährten und haben uns gegenseitig gefragt, wie wir auf den inneren Weg gekommen sind, und haben dann alle in unterschiedlichen Variationen vom Scheitern gesprochen. Wir waren alle an einen Punkt gekommen, wo diese Anfüllung mit dem, wo wir unser Glück gesucht hatten, uns nicht mehr wirklich erreicht hat und wir uns gescheitert fühlten in diesem Versuch, ein Loch zu füllen. Das heißt, es scheint ja auch Momente zu geben, wo ein Bewusstsein aufkeimt, diesem Anfüllen ein Ende zu setzen.

OM: Das Scheitern kann ein Eintritt sein, kann sogar ein Ende der Löcher sein. Es kann ein Eintritt sein in das Sein selbst. Aber das Scheitern ist häufig in den Menschen unvollständig. Es drückt sich dann aus als Frustration, die aber immer noch den Versuch in sich trägt, es doch noch mal zu versuchen und es nächstes Mal besser zu machen. Auch Resignation ist eine Form unvollständigen Scheiterns. Vollständiges Scheitern ist selten. Vollständiges Scheitern ist ein Moment der Hingabe und diese Hingabe füllt Löcher. Es ist nicht mehr das Ich durch ichhaftes Tun, das diese Löcher füllt, sondern es geschieht einfach. Solange das Ich versucht, Löcher zu füllen, also solange absichtsvolles Tun geschieht, um innere Löcher zu füllen, werden diese Löcher nur vorübergehend gefüllt, weil derjenige nicht erkennt, dass der, der die Löcher verursacht, der Gleiche ist wie der, der sie füllt. Jeder wird das zwar intellektuell verstehen, wenn ich das sage, aber die Erfahrung ist nicht durchdrungen. Es nützt nichts, wenn der, der Löcher erschafft, versucht Löcher zu füllen. Mit links werden sie aufgerissen, mit rechts werden sie gefüllt. Das sind Machenschaften ichhaften Tuns in den Menschen und das ist Teil der gesamten Haben-Kultur, von der ich sprach. Und diese Haben-Kultur kann nur beendet werden, wenn sie scheitert. Das ist kein Moment von Gewalt, von gewalttätiger Destruktion, so wie der Begriff des Scheiterns aus dem Ich der Leistungsgesellschaft verstanden wird. Der innere Weg hat eine gänzlich andere und umfassendere Begrifflichkeit des Scheiterns.

Frage: Der Moment, in dem ein Ich seine Machtlosigkeit anerkennt, seine persönliche Macht aufgibt?

OM: Ja.


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